Weiter geht es mit unserer Reihe „Frag doch mal die Schwester“, Teil 6.
Schon vor einiger Zeit bekam ich folgende, knifflige Frage gestellt:
Als „die Juden“ bei Pilatus sind und Jesus anklagen, sagen sie, ihr Gesetz erlaube ihnen nicht, einen Menschen zu töten. Deshalb brauchten sie die Römer, die die Drecksarbeit erledigen und Jesus kreuzigen sollen. So steht es beim Evangelisten Johannes 18, 30.
An einer anderen Stelle haben „die Juden“ aber keinerlei Probleme mit der Todesstrafe, nämlich als sie die Ehebrecherin zu Jesus bringen. Die wollen sie zu Tode steinigen – wie es das jüdische Gesetz vorsieht. Also, was denn jetzt:
durften die Juden die Todesstrafe vollstrecken oder nicht?
Die Antwort ist jein.
Die Juden durften Menschen steinigen, aber die Steinigung ist eine Körperstrafe, keine Hinrichtungsart. Es führte auch nicht jede Steinigung zum Tode, der Tod wurde eher billigend in Kauf genommen. Im eigentlich juristischen Sinne hinrichten durften die Juden aber nicht, denn sie durften keine Waffen tragen, d.h. sie hatten nicht das Recht, ein Schwert zu tragen (jus gladii). Folglich durften sie ihre Verbrecher weder enthaupten noch kreuzigen.
Bleibt die Frage, warum sie Jesus nicht einfach gesteinigt haben, das haben sie ja sogar schon mal versucht. Aber das wäre eine zu schwache Strafe gewesen, selbst wenn sie tödlich geendet hätte. Zur Zeit Jesu war man immer derart vom Tod bedroht, dass das Sterben selber als Drohung nicht ausreichte. Es musste bei diesem Gotteslästerer und Volksaufwiegeler, der Jesus in den Augen der Hohenpriester ja war, schon eine echte Hinrichtung sein und zwar eine möglichst demütigende. Es ging ja auch um die Abschreckung für seine Anhänger. Da war das Heftigste im Angebot die Kreuzigung, und dazu waren die Juden eben nicht berechtigt.