In diesem Jahr haben wir in unserer Kloster- und Kinderdorfkapelle keinen Adventskranz, sondern eine Adventswurzel.
Vor Jahren hat unsere Novizenmeisterin sie im Wald ausgegraben und nach Hause geschleppt, und ich muss sagen, dass ich ihr sehr dankbar dafür bin: ich finde die Wurzel einfach wunderschön. Die Symbolik geht auf den Propheten Jesaja zurück: Etwa 700 Jahre vor Christus hat er davon gesprochen, dass Gott seinem Volk Israel einen Retter aus aller Not schicken werde. Dieser Retter wird mit dem Bild eines neuen Triebes beschrieben, der frisch aus einer eigentlich schon abgestorbenen Wurzel sprießt. Jesaja nennt diese Wurzel „Isai“, so hieß der Vater des Königs David. Der frische Trieb ist also David, bzw. seine Nachfahren, und die Christen haben diese Prophezeiung auf Jesus bezogen: Er ist der Retter, der Friedensfürst, der Spross aus dem Hause David.
Die Vision des Friedensreiches, das dieser Retter bringen will, ist (fast) zu schön um wahr zu sein.
Ist es also nur Unsinn und Spinnerei? Oder ist „jener Tag“ einfach noch nicht da, weil „der jüngste Tag“ gemeint ist? Oder wird diese Vision vielleicht immer dann ein klein wenig wahr, wenn sich Menschen ganz vom „Geist des Herrn“ erfassen lassen?
„Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.
Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht.
Er richtet nicht nach dem Augenschein, und nicht nur nach dem Hörensagen entscheidet er, sondern er richtet die Hilflosen gerecht und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist.
Er schlägt die Gewalttätigen mit dem Stock seines Wortes und tötet den Schuldigen mit dem Hauch seines Mundes. Gerechtigkeit ist der Gürtel um seine Hüften, Treue der Gürtel um seinen Leib.
Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten.
Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange.
Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist.
An jenem Tag wird es der Spross aus der Wurzel Isais sein, der dasteht als Zeichen für die Nationen; die Völker suchen ihn auf; sein Wohnsitz ist prächtig.“
aus dem Buch des Propheten Jesaja, Kapitel 11, 1-10
2 Comments
„Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten.“ Ich werde so traurig bei solchen Sätzen… und weiß nicht recht warum…
Liebe Monika, ich kenne das melancholische Gefühl bei solchen Sätzen. Aber ist es wirklich Traurigkeit? Ich glaube, – zumindest bei mir – es ist Sehnsucht.