Katholikentage sind bunt. Egal, wie die Themen sind, egal, wie groß oder klein das Treffen ist, ob das Wetter mitspielt oder nicht – seit ich diese Veranstaltungen kenne, ist der Katholikentag immer auch ein großes, buntes Fest des Glaubens.
Dazu gehört die viele Musik auf den Straßen, die (in diesem Fall) grasgrünen Schals, die Luftballons, die an verschiedenen Ständen verschenkt werden usw. usf. Leider gehört zu jedem Katholikentag geradezu traditionell auch der Protest der Bevölkerung hinsichtlich der Finanzierung. In diesem Fall war das sogar besonders einleuchtend: in Leipzig sind 11% der Bevölkerung evangelisch, 4 % katholisch, 2 % muslimisch, über 80 % ohne Bekenntnis. Wieso sollte diese Stadt einen Katholikentag bezuschussen?
Prompt fand sich auch die Giordano-Bruno-Stiftung wieder ein mit ihrem inzwischen schon etwas angestaubten Moses, der von Katholikentag zu Katholikentag reisen muss, um überall zu mahnen, das 11. Gebot sei „Du sollst deinen Kirchentag selber bezahlen.“ (Das Bild ist von 2014, aus Regensburg.)
Was meine lieben atheistischen Mitgläubigen dabei übersehen, ist zweierlei: Erstens muss man rein materialistisch sagen, dass ein Großereignis wie der Katholikentag für eine Stadt wie Leipzig rein wirtschaftlich auf jeden Fall ein Gewinn ist. 30.000 Dauergäste müssen irgendwo schlafen (und nicht alle kommen in Turnhallen unter), sie müssen essen und trinken, auch wenn sie privat unterkommen; sie sind (ebenso wie die 10.000 Tagesgäste) in Ferienstimmung und gönnen sich Bier und Eis oder gehen zwischen zwei Veranstaltungen auch mal schnell ein bisschen shoppen. (Ich jedenfalls habe das getan, weil ich sonst so selten in die Stadt komme.) Außerdem besuchen viele von ihnen die Stadt zum ersten Mal und werden wohl gerne noch einmal wiederkommen – so wie eine Kollegin auf der Rückfahrt im Bus sagte: Leipzig wird ihr nächstes Urlaubsziel. Kurzum: offiziellen Schätzungen nach wird die Stadt für ihre 1 Mio Euro Zuschuss etwa 9 Mio Euro Einnahmen herausbekommen.
Dann gibt es aber noch einen anderen, weniger materialistischen Aspekt, den unsere atheistischen Freunde nicht bedenken: Ein solches Fest bietet die Gelegenheit zu Begegnungen. Wir haben die Gastfreundschaft der Leipziger kennengelernt – und sie haben hoffentlich erfahren, dass Katholiken vielleicht ein bisschen seltsam aber jedenfalls nicht so schlimm sind, wie manche von ihnen dachten. Ich habe eine Menge über Menschen nachgedacht, die ohne religiöses Bekenntnis auskommen, viele Diskussionen und Vorträge drehten sich um dieses Thema. Und vielleicht hat der ein oder andere Leipziger sich auch Gedanken darüber gemacht, wie es uns geht, die wir unser Leben mit Gott gestalten. Die Erfahrung, dass der andere einen freundlich anlächelt, obwohl er ganz anders denkt und lebt, ist in unserer Zeit kostbar und wichtig.
Katholikentage sind bunt. Im übertragenen Sinne gehört dazu auch, dass sich Menschen begegnen, die sonst nie zueinander finden würden, in diesem Fall nicht nur Katholiken aus München und Stralsund, sondern auch die Leipziger Bevölkerung und ihre Gäste. Manche Leipziger hatten vorher Berührungsängste, andere waren neugierig, wieder anderen war das Ganze schlicht egal – und sie alle kamen jetzt um diese fröhlichen Leute mit ihren grünen Schals nicht drum herum. Manche Besucher hatten sich vorher Gedanken über die Diaspora gemacht, in die sie kommen, das säkulare Umfeld, andere nicht. Aber ich glaube, wir alle sind mit dem Eindruck gefahren, dass die Leipziger offen und gastfreundlich waren. Solche Erfahrungen sind mit Geld nicht zu bezahlen.