Palmsonntag, 10:30 Uhr. Ich sitze in der „Davidson Agentur für Medieninhalte“ in Köln. Ich kann mich nicht erinnern, wann in meinem Leben ich am Palmsonntag mal nicht in der Messe gewesen wäre. Also, auch vorm Kloster. Da gibt es Sonntage, da hat man keine Lust, oder man hat was vor und geht am Samstag – aber am Palmsonntag? Da muss man zur Prozession und zur Palmweihe und so. Alternativlos sozusagen.
Dieses Jahr nicht. Ich hatte einer Freundin versprochen, sie zu einem Casting zu begleiten. Große Sache! Da muss man auch schon mal in der Lage sein, die Prioritäten zu verschieben. Und wir haben das Glück, dass in unserer Pfarrei mehrere Gottesdienste an jedem Wochenende angeboten werden. Wir konnten also ohne Probleme am Vorabend in die Messe gehen (meine Freundin ist aus der gleichen Gemeinde), und trotzdem konnte ich auch in meiner Gemeinschaft noch alles normal mitbeten. Super!
Die Fahrt nach Köln war dann keine große Kunst, das Casting selber ging ihr wohl auch recht locker von der Hand. Ich durfte nicht mit rein, aber es scheint gut gelaufen zu sein.
Nur bleiben meine Gedanken noch bei den Menschen dort im Studio. Klar: Sonntagsarbeit lässt sich nicht immer vermeiden, und offenbar gehört auch das Fernsehen dazu, weil viele Kandidaten für solche Quizshows in der Woche natürlich arbeiten müssen und nur am Wochenende frei haben. Kann ich verstehen. Find ich sch…ade, aber ich kann es verstehen.
Nur habe ich heute wieder einmal mehr gemerkt, wie sich unsere Gesellschaft verändert. Dass heute Palmsonntag ist, dass der Sonntag vor Ostern eine besondere Bedeutung hat, das muss man schon wissen wollen. Selbstverständlicher Bestandteil der Allgemeinbildung oder gesellschaftlicher Konsens ist es schon lange nicht mehr. Es ist leicht geworden, sein Leben vollkommen auf Konsum und Unterhaltung zu reduzieren. Und viele Menschen – und das ist das Irre daran – nehmen gar nicht mehr wahr, worauf sie dabei verzichten, sondern leben in der Illusion nahezu grenzenloser Freiheit. Aber dazu ein anderes Mal mehr.
Für heute bleibt ein hoffnungsvolles Gefühl, dass meine Freundin beim casting durchkommt. Falls es so ist, halte ich euch natürlich auf dem Laufenden!
2 Comments
War auch gestern. Frauenliturgie… Heute dann unverhofft einen Ausflug bergwärts mit dem Sohnemann… seit laaaangem wieder mal ein gemeinsamer Ausflug.. um dann zuhause am Computer zu bemerken… was in Ägypten passiert ist… Was für eine Welt… was für ein Palmsonntag…
Ja, ich habe die Nachrichten auch erst gehört, als der Artikel gerade online war. Und sofort ist der Gedanke da: darf man das? Oder müsste ich nicht den lustigen Text sofort durch einen betroffenen ersetzen?
Aber das ist Quatsch! Denn beides schließt sich nicht aus: wir können zuerst den seltenen Ausflug mit Sohn oder Freundin genießen – und später mit den Menschen in der Ferne mitleiden.
Vielleicht schreibe ich sogar noch mal darüber, aber im Moment fehlen mir die Worte. Wie so oft, wenn Menschen Hass und Zwietracht säen und Verständigung nicht nur verweigern sondern sogar verhindern wollen.