„Trägst du am Sonntag Rosa? Oder Violett?“
Unser Kaplan sieht mich fragend an: Was hat die jetzt bloß wieder vor?
„Ich muss das Vorwort für die Pfarrnachrichten schreiben, und das Evangelium vom Sonntag ist mir für so einen kurzen Text zu schwer, drum will ich lieber über Laetare schreiben. Also: rosa?“ Er lacht: „Für dich ziehe ich sogar rosa an!“
Dann musste ich nur noch in die Kinderdorffamilie von Sr. Agnes. Die sollten mich mal auf Stand bringen: gibt es eigentlich „Hello Kitty“ noch? Die Jugendlichen und Erwachsenen am Tisch schütteln den Kopf: „Out.“ „Aber rosa ist schon noch in, oder?“ Ja, klar! Vor allem Prinzessin Lillifee und die ewigjunge Barbie. Damit war der Text für die Pfarrnachrichten so gut wie fertig. Hier exklusiv der „Vorabdruck“:
„Als ich klein war, mochte ich kein Rosa. Ich war mehr für kräftige Farben, Pastell war auch ganz allgemein out. Heute lieben kleine Mädchen Pink und auch echtes Rosa: von „Lillifee“ bis zur „Barbie“ – die Farbe ist einfach in.
Ich dagegen mag sie immer noch nicht. Deswegen bin ich jedes Jahr von neuem hin- und hergerissen, wenn sie in der Kirche auftaucht: am 3. Adventssonntag „Gaudete“ und am 4. Fastensonntag „Laetare“. Beides bedeutet „sich freuen“ bzw. „freut euch“. Eigentlich ist die liturgische Farbe im Advent und in der Fastenzeit ja Violett als Zeichen der Buße und Besinnung. Aber dann kommt mittenrein ein heller Klecks (sozusagen Ton in Ton), der signalisiert: “Freut euch! Das Fest, auf das ihr euch vorbereitet, ist nah!“
Und das wiederum liebe ich an meiner Kirche, dass wir alle Sinne ansprechen. Über die vielen Worte und die Musik hinaus gibt es Farben, duftenden Weihrauch und schon am Eingang mit dem Weihwasserbecken was zum Fühlen. Das Zentrum der Messe sind die Wandlung und Kommunion, wo wir sogar essen und trinken. Diese Sinnenhaftigkeit in der katholischen Liturgie wird mir mit den Jahren immer kostbarer. Natürlich ist es wichtig, den Glauben zu verstehen und zu wissen, was im Evangelium steht. Aber die intellektuelle Seite genügt mir nicht mehr. Meine Beziehung zu Gott ist emotional, lebendig und ganzheitlich. Um das auszudrücken, freunde ich mich sogar mit Messgewändern in allen Farben an – einschließlich Rosa.“