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„Du sollst nicht twittern!“ meldete der MDR am 17. Mai und meinte damit die Richtlinie „Cor orans“ (Betendes Herz), die der Papst kurz vorher für die katholischen Nonnen weltweit herausgegeben hatte. Ganz ehrlich: ich habe mich über Susann Burwitz vom MDR geärgert. Ihr Artikel hatte einen spöttischen Unterton. Man konnte deutlich merken, dass die Autorin nicht versucht hatte, die Materie zu verstehen. „Aus Sicht der Kirche scheint die drohende virtuelle Ablenkung im Netz ein rein weibliches Problem zu sein. Die Regeln richten sich explizit an Nonnen. Der Papst hingegen darf sich im Netz austoben.“ Na, da ist die Welt doch wieder in Ordnung: die katholische Kirche ist weltfremd, antiquiert und frauenfeindlich. Glücklich der Journalist, der ein klares Weltbild hat. Dass „Cor orans“ ein Dokument über die monastischen Frauengemeinschaften im Allgemeinen ist und die sozialen Medien nur eines von mehreren Kapiteln darstellen, stört dabei nur.

Nun bin ich ja keine Nonne, sondern eine Schwester. Diese Regeln gelten also nicht für mich, sondern nur für die Ordensfrauen, die „monastisch“ leben wollen, häufig sagt man auch vereinfachend „kontemplativ“. Ob so oder so: Ich betone hier mal das wollen, denn eine Grundvoraussetzung für das Verständnis von „Cor orans“ ist das Wissen, dass wir Ordensfrauen unsere Gelübde freiwillig ablegen. Niemand zwingt uns diesen Lebensstil auf!

Wer monastisch lebt – Mönche und Nonnen – der verpflichtet sich selber zu einem Leben in Stille und Abgeschiedenheit. Er oder sie rückt das Gebet an die erste Stelle im Leben, alles andere hat sich dem unterzuordnen. Dafür nehmen Mönche und Nonnen viele Einschränkungen auf sich: sie verlassen ihre Klöster so selten wie möglich, schweigen so viel wie möglich und richten das gesamte Leben inklusive der Arbeit nach dem Rhythmus der Gebetszeiten aus. Natürlich sind die vielen Klöster weltweit sehr unterschiedlich streng, und Ausnahmen gibt es auch immer. Aber ganz grob kann man das wohl so sagen.

Wir Schwestern sind dagegen „apostolisch tätig“, d.h. bei uns hat die Arbeit einen anderen Stellenwert. Natürlich ist auch für uns das Gebet die zentrale Kraft unseres Lebens, in diesem Sinne sollen und wollen auch wir „kontemplativ“ leben, ganz in der Gegenwart Gottes – genau wie Nonnen. Aber bei der Planung unseres Tagesablaufes richten wir die Gebetszeiten nach den Arbeitszeiten.

Wenn der Papst nun schreibt, Nonnen sollten Massenmedien „mit Genügsamkeit und Bedacht“ nutzen, so ist das keine unzumutbare Auflage sondern vielmehr eine Erinnerung daran, welchen Lebensstil sie gewählt haben. Und obwohl ich nicht angesprochen bin, kann ich diese Mahnung zur Achtsamkeit sehr gut auch für mich nachvollziehen. Natürlich nutze ich die verschiedensten modernen Medien, schließlich will ich (im Auftrag Gottes) zu den Menschen gehen. Aber darüber darf ich nicht mein Gebet und meine Beziehung zu Gott vernachlässigen, denn sie sind das Fundament für alles, was ich tue. Dafür brauche ich jedoch ein gewisses Maß an Zeit und Ruhe – und beides kann man im Internet sehr schnell verlieren, wenn man nicht aufpasst. Insofern stimmt es auch für mich: ich nutze Facebook, Twitter usw. bewusst und „mit Bedacht“ – sonst verliere ich die innere Ruhe.

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