Gestern habe ich dreimal das Vaterunser gebetet: Am Morgen mit den Kindern im ökumenischen Schulgottesdienst. Mittags mit zwei Kollegen als Abschluss eines Bibelgespräches. Und abends schließlich mit meinen Schwestern in der Vesper.
Drei Vaterunser am Tag ist für mich nicht so ungewöhnlich, und trotzdem fiel es mir jetzt auf, vielleicht weil die Gruppen so unterschiedlich waren. Ist das Vaterunser ein Passepartout, ein Gebet für alle Lebenslagen und alle Gruppenkonstellationen?
Irgendwie schon. Egal, mit wem man welchen Gottesdienst feiert: das Vaterunser geht immer. Das können auch alle, sogar bei Beerdigungen und Erstkommunionen finden sich an der Stelle immer noch genug, die mitbeten. Das ist wirklich schön. Und trotzdem…
Irgendwie finde ich es ein bisschen schade, wenn dieser schöne und starke Text inflationär benutzt wird – und wenn wir ihn dann irgendwann nicht mehr richtig hören und mitvollziehen. Andererseits hat Jesus gesagt, wir sollen nicht plappern wie die Heiden. Und die einzige Anregung, die er uns zum Beten gegeben hat, ist eben dieses Vaterunser. Das macht es so kostbar, das hebt es aus allen anderen Gebeten heraus und deshalb verbindet es auch so unterschiedliche Gruppen – vor allem die verschiedenen Konfessionen.
Am liebsten würde ich das Vaterunser ganz langsam beten. Ganz bewusst. Klar, das geht nicht immer. Am Tempo kann man gerade in Gruppen gar nichts ändern, nur an der eigenen Aufmerksamkeit. Aber wenn wir schon einen so besonderen Text haben, dass wir ihn mehrfach täglich sprechen, dann – so meine ich – sollten wir irgendeine Sicherung einbauen, damit uns das Besondere im Bewusstsein bleibt. Damit wir nicht doch irgendwann wieder plappern…