Gestern war Familienmesse in der Pfarre, mit besonderer Einladung an „meine“ Kommunionkinder. Ich hatte die Katechese und die Auswahl zwischen zwei Evangelien: „Die Auferweckung des Lazarus“ und „Jesus und die Ehebrecherin“. Der Lazarus ist zwar nicht gerade ein Hit in diesem Fall, aber die Ehebrecherin – bei Neunjährigen? Alle Kollegen waren sich auf Anhieb einig: das geht gar nicht. Hab ich dann auch nicht genommen.
Dabei liebe ich diese Perikope, es ist eine der stärksten Erzählungen der Bibel. Heute ist sie wieder dran: Fromme Juden wollen Jesus auf die Probe stellen und bringen ihm eine Frau, die gegen das Gesetz derart verstoßen hat, dass sie gesteinigt werden müsste. Tragischerweise ist uns dieses setting heute näher als früher, denn inzwischen kennen wir Berichte aus der arabischen Welt, dass es dort tatsächlich in manchen Ländern genau solche Rechtsprechung heute noch gibt: Ehebruch wird ausgesprochen drastisch bestraft, und zwar ausschließlich bei der Frau.
Wie wird Jesus sich verhalten, der so viel von Barmherzigkeit spricht? Wird er das Gesetz aufheben? Eine echte Falle. Und er muss offenbar auch wirklich nachdenken, denn er bückt sich und malt mit dem Finger in die Erde. Ich stelle mir vor, dass er auch getrauert hat über die Gemeinheit und Hartherzigkeit der Menschen, aber das ist natürlich nur meine Fantasie.
Und dann sagt er diesen einen Satz, der so wichtig geworden ist, der so viel aussagt, über den man lange nachdenken kann und mit dem man nicht so schnell fertig wird – wenn man ihn ernst nimmt und im eigenen Leben in die verschiedenen Situationen überträgt:
Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe als erster einen Stein auf sie.
Joh 8, 7