Ewige Profess
Ewige Profess bei den Dominikanerinnen von Bethanien
2. Februar 2022
Sr. Henri-Dominique Berthier
Henri-Dominique Berthier
27. Februar 2022

Eben hatte ich ein skurriles Erlebnis: ich stand in der Menge und habe begeistert „Alaaf!“ gerufen. Naja, normalerweise wäre das nicht so besonders, ich lebe in der Nähe von Köln, und es ist Weiberfastnacht, in jedem anderen Jahr wäre das völlig normal. Aber dieses Jahr? Echt jetzt?

Vor einigen Tagen habe ich noch gedacht: ich lasse mir den Karneval nicht verbieten, irgendeine Krise ist doch immer! Und überhaupt: haben wir die Diskussion nicht jedes Jahr? „Darf man noch feiern, während irgendwo in der Welt gerade was Schlimmes passiert?“ Ich muss dann immer daran denken, dass die Kölner nach dem Zweiten Weltkrieg nicht lange gebraucht haben, bis dat Trömmelsche wieder jing. 1948 ging der erste provisorische Kinderzug, 1949 dann der erste offizielle Rosenmontagszug – da waren noch längst nicht alle Trümmer weggeräumt. Der Karneval ist eben ursprünglich vor allem ein Lachen gegen Ernst, Not und Repression. Nach dem trotzigen Motto: „Wenn die Kirche verlangt, dass wir 40 Tage fasten, dann hauen wir vorher aber noch mal so richtig auf den Putz – Alaaf!“

Heute ist alles anders

Nun ist das heute natürlich alles ein bisschen anders, und ich muss zugeben: mir ist nicht nach feiern. Wir haben nicht geschmückt, sind nicht wie sonst verkleidet, haben keine Musik aufgelegt. Für mich ist ein normaler Arbeitstag, nix „Alaaf!“. Erst um 14:00 Uhr hatte sich eine Tanzgruppe im Kinderdorf angesagt, „De Pänz us dem ahle Kölle“. Sie kommen eigentlich jedes Jahr in unsere Kinderdorfsitzung, und ich finde sie besonders liebenswert. Es ist eine ganz gemischte Gruppe von relativ kleinen Kindern bis zu jungen Erwachsenen, in der Mehrheit Mädchen, aber auch ein paar Jungen und Männer. Dieses Jahr fällt unsere Sitzung natürlich aus – wie so viele andere. Deshalb hatten „De Pänz“ gefragt, ob sie nicht einfach auf unserem Kirchplatz für uns tanzen könnten. Natürlich haben wir gerne zugesagt, und als der Bus kam und ordentlich Musik machte, kam auch schnell Stimmung auf. Naja, wir haben Stimmung gemacht. Denn darin waren wir uns schnell einig: wir Erwachsenen hatten alle keine Feierlaune – aber es geht ja schließlich um die Kinder. Schlimm genug, dass die Sitzung wegen Corona ausfallen muss. Aber jetzt auch noch wegen Herrn Putin die Freiluft-Fete absagen? Wie sollten das unsere Prinzessinnen, Marienkäfer, Tanzmariechen, Füchse, Indianer und Polizisten wohl verstehen? Nein, sie haben alle Fritten bekommen und sind nach der Vorführung glücklich wieder in ihre Häuser abgezogen, wo sie jetzt wahrscheinlich weiterfeiern. Und auch „De Pänz“, die zum Teil schon älter sind, haben doch nicht das ganze Jahr durch trainiert, um jetzt betroffen zu Hause zu sitzen. Wem würde das nützen?

Und wir?

Und wir? Wir Schwestern machen halt weiter wie bisher, gehen unserer Arbeit nach und werden unsere Gebete für den Frieden verstärken. Auch das Kinderdorf haben wir eingeladen, beim Glockenläuten eine Kerze anzuzünden oder das Friedensgebet zu sprechen. Dabei ist uns bewusst, dass Gott uns die Freiheit lässt, uns auch gegen Ihn zu entscheiden. Unser Gebet wird also nicht Gottes Handeln ändern und auch nicht das von Herrn Putin – sondern nur das unsere. Aber vielleicht kommt es ja genau darauf an. Vielleicht fängt der Frieden ja genau bei uns an und bei der Frage, wie wir heute und morgen miteinander umgehen, in dieser oder einer anderen Krise.

 

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