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Mit Fronleichnam habe ich mich immer etwas schwer getan. Wir stellen eine Hostie ins Zentrum, und weil sie so unscheinbar ist, bauen wir eine Menge Gold und Verzierung drumherum, damit deutlich wird, wie kostbar sie uns ist. Einerseits finde ich das faszinierend: wo hat man in der Kunst schon mal ein Bild gesehen, dessen Zentrum leer wäre? Und die Anbetung des Allerheiligsten ist mir kostbar, sie kann mich sehr in die Tiefe meiner Gottesbeziehung führen. Andererseits ist manches, was wir so „drumherum“ veranstalten, mir eben auch fremd, vielleicht weil ich genetisch halb protestantisch bin und außerdem in der Stadt aufgewachsen. Ich hab es nicht so mit Schützenverein, Prozessionen und so.

Blumenteppiche – im Kinderdorf und in der Pfarre

Nun habe ich – als ich vor über 20 Jahren ins Kinderdorf kam – die Tradition der Blumenteppiche kennengelernt. Eigentlich hat das inhaltlich gar nichts mit der Eucharistie, der Kommunion, also dem eigentlich Zentrum von Fronleichnam zu tun. Es hat sich einfach entwickelt, zu diesem Fest, das oft draußen gefeiert wird, die Hauseingänge, an denen die Prozession vorbeigeht, und die Plätze, auf denen die Messe gefeiert wird, bunt zu schmücken. Und da in dieser Jahreszeit viel blüht, liegt es nahe, die Geschenke der Natur zu nutzen. In unserem Kinderdorf in Refrath gibt es die Tradition schon lange, heute habe ich sie auch in der Pfarrei wieder neu belebt.

Naja, wenn ich drüber nachdenke, hat es doch etwas mit der Kommunion (communio = Gemeinschaft) zu tun: so einen Blumenteppich erstellt kein Mensch alleine. Das ist immer eine Arbeit der Gemeinschaft. Viele müssen mit vorbereiten, und weil der Platz dann so schön ist, bleiben alle auch anschließend noch länger plaudernd vor der Kirche stehen.

Das ist mein Ideal von Kirche: eine echte Gemeinschaft. Einige haben eine Idee und bereiten etwas vor, dann feiern alle zusammen Gottesdienst, und hinterher räumen alle gemeinsam auf und essen und trinken noch etwas. Und in diesen Kontext gehört für mich auch der Blumenteppich: ein sinnenfroher Ausdruck der Gemeinschaft zur Ehre Gottes, der seinerseits mit uns Gemeinschaft haben will und sich selber in einem kleinen, blassen, fast unsichtbaren Zeichen versteckt.

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