Kann denn Liebe Sünde sein?
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Das Gebet für alle Fälle
30. Juni 2018

„Machst du mit?“
Ich mag die Kollegin, sie hat mir schon oft geholfen, und es geht um eine wichtige Veranstaltung des Kinderdorfes. Klar bin ich dabei.
Als dann die Stühle gestellt und die Flyer verteilt sind und auch der Beamer endlich läuft, komme ich mir plötzlich komisch vor: „Was soll ich gleich tun?“ Eigentlich bin ich doch nur Deko, ich soll demonstrieren, dass auch wir Schwestern mit dieser Sache zu tun haben. Ist aber nicht schlimm, zeige ich eben Präsenz.
Aber es kommt anders.
Der Referent meldet sich von unterwegs, er stehe im Stau, ein schlimmer Unfall. Als er schließlich fast eine Stunde später ankommt, erzählt er, er habe im Vorbeifahren sehen können, dass mindestens ein Unfallbeteiligter nicht überlebt habe. Uff. Da sagst du erst mal nichts und alles andere relativiert sich.

Trotzdem muss es dann weitergehen, die Leute warten schließlich schon ziemlich lange. Aber wie? Längst haben alle den Grund für die Verspätung mitbekommen – kann man jetzt einfach kommentarlos in das nüchterne Vortragsthema einsteigen? Die Kollegin sieht mich fragend an: „Kannst du irgendwas sagen?“ – „Ja, klar, ich mach das schon.“

Dabei ist gar nichts klar, außer dass das irgendwie in meinen Bereich fällt. Die Kollegin ist gelernte Journalistin, der Referent ist Jurist – für den Tod ist am ehesten die Schwester zuständig. Also ergreife ich das Wort, begrüße den Referenten, erkläre die Situation und … spreche ein kurzes Gebet für den Verstorbenen. Jetzt kann es losgehen.

Während vorne der Vortrag seinen Lauf nimmt, sitze ich hinten und denke nach. Es musste nichts Langes sein. Wir konnten ja auch nichts tun. Aber es gibt diese Momente im Leben, da spürst du, wie begrenzt und verletzlich dein Leben ist, wie wenig selbstverständlich all das, was wir ständig tun. In diesen sprachlosen Augenblicken kann das Vertrauen darauf, dass unser kümmerliches Leben in einer größeren Macht geborgen ist, enorm hilfreich sein. Und – ja – inzwischen ist dieses Vertrauen so wenig selbstverständlich geworden, dass wir Schwestern (zusammen mit anderen „Berufs-Christen“) so etwas wie Spezialisten dafür geworden sind. Eigentlich schade: Gottvertrauen konnte früher alle Welt. Aber gut, wenn es halt nicht mehr so ist, stellen wir uns gerne zur Verfügung.

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