noch’n Jubiläum
14. September 2015
Zum Herbstbeginn
23. September 2015

Gestern habe ich eine Predigt mit Migrationshintergrund gehört. Genauer gesagt stammt der schon viele Jahre in Deutschland eingebürgerte Prediger ursprünglich aus den USA. Naja, ganz ursprünglich stammt seine Familie allerdings doch wieder aus Deutschland: seine Urgroßeltern sind von hier nach Amerika emigriert, so dass er drei Generationen später wieder immigrieren konnte. Er erzählte, dass seine Geschwister den Zaun verteidigen, den die USA jetzt bauen, um die Flüchtlinge aus Mexiko fernzuhalten. Da weist er dann auch schon mal darauf hin, dass ihre eigenen Vorfahren auch Wirtschaftsflüchtlinge waren.

Mich berührt das, denn auch ich habe ausländische Wurzeln. Das war mir schon früh bewusst, weil meine Großmutter mit Mädchennamen „Espagne“ hieß, wohl übriggeblieben von „d’Espagne“, französisch für „aus Spanien“. Ihre Vorfahren müssen also einmal aus Spanien über Frankreich nach Deutschland gekommen sein (worin ich immer die Ursache für mein energisches Temperament vermutet habe). Für die Details haben wir irgendwann einen Ahnenforscher befragt. Er fand heraus, dass wir in der Tat von spanischen Hugenotten abstammen, also Protestanten, die irgendwann nach Frankreich kamen, dort  unter Ludwig dem XIV. wegen ihres Glaubens verfolgt wurden und nach Berlin flohen. Der preußische König hat sie gerne aufgenommen, denn er schätzte die Kultiviertheit der Protestanten: Sie waren ein gesellschaftlicher Gewinn, sowohl die Handwerker als auch die Bauern. Einer meiner Urahnen bekam 1648 in Münster einen Auftrag des Königs. Er verliebte sich dort in ein katholisches Mädchen und konvertierte – seitdem ist dieser Zweig der Familie katholisch.

Warum erzähle ich das?

Weil mir nach und nach immer klarer wird, wie viele Menschen in unserem Land leben, die keineswegs „schon immer“ hier gelebt haben. All die Deutschen mit so schönen Namen wie Schimanski und Podolski, Özdemir und Özil, Klose und Gomez geben Beispiele dafür, dass Menschen immer schon und immer wieder ihre Heimat verlassen haben, um woanders ihr Glück zu suchen.  In der Welt gab es dazu einen interessanten Vergleich von der Völkerwanderung der Goten, Vandalen und Franken mit den Flüchtlingsströmen, mit denen wir uns aktuell konfrontiert sehen. Meine Vorfahren kamen als religiös Verfolgte im Dreißigjährigen Krieg. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Deutschland, ausgebombt und bitterarm, wie es war, 12 Mio Flüchtlinge aus den Ostgebieten aufgenommen. In den 60er und 70er Jahren waren wir froh über Polen, Italiener, Portugiesen, Spanier, Griechen und Türken – die wir dringend als Arbeitskräfte brauchten. Auch heute ist die Rede vom Fachkräftemangel. Wir brauchen unbedingt Pflegekräfte, Ingenieure etc… Aber brauchen wir auch die Menschen, die diese Arbeit leisten?

Alles wird davon abhängen, wie wir den Neuhinzugekommenen begegnen – und wie sie sich integrieren. Blicken sie in freundliche Gesichter, so dass sie aufatmen, zur Ruhe kommen und neue Hoffnung schöpfen können? Bekommen sie die Möglichkeit, unsere Sprache zu lernen und zu arbeiten? Und nutzen sie sie? Das waren bei allen Migranten der vergangenen Jahre und Jahrhunderte entscheidende Fragen, sie werden es auch hier sein.

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