Sisters Platz in der Kirche II
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Sisters Platz – Nachtrag
18. Januar 2018

Die Gemeinschaft der Gläubigen wird lebendig, wenn jede/r beiträgt, was er oder sie an Begabungen und Charismen von Gott erhalten hat. So können wir es in der Bibel lesen. Alle sind wir eins in Christus, alle gleich wichtig, auch wenn wir unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. Trotzdem brauchen wir – und das lehrt uns nicht nur die Bibel, sondern auch die Soziologie – eine Leitung für das Ganze. Traditionell ist der Priester Lehrer des Wortes, Diener der Sakramente und Leiter der Gemeinde. Gestern habe ich schon geschrieben, dass die alte Identifikation von Pfarrer und Gemeindeleiter überholt sei. Das würde ich jetzt gerne etwas näher erklären.

In den Gemeinden des Erzbistums Köln werden schon seit einiger Zeit Verwaltungsleiter eingesetzt – das funktioniert sehr gut. Niemand wird doch Priester, um Kitas, Schulen oder Krankenhäuser zu verwalten! Dafür qualifiziert ihn die Weihe auch nicht. Dann sollte er auch die Finger davon lassen. (Das ist nebenbei gesagt natürlich ganz schön schwierig. Jeder Pfarrer, der es schafft, tatsächlich die gesamte Verwaltung an seinen Verwaltungsleiter zu delegieren, ohne ihn heimlich noch mal kontrollieren zu wollen, verdient höchsten Respekt!) Wenn der Verwaltungsleiter gut ist und auch die Zusammenarbeit klappt, ist das natürlich eine enorme Entlastung. Plötzlich wird der Pfarrer frei für seine eigentlichen Aufgaben.

Da wiederum unterscheide ich zwei Arten: zunächst die, die den Priestern vorbehalten sind: das sind natürlich vor allem die Sakramente. Da gibt es rote Linien, an die ich persönlich nicht rühren will. Ja, es ist manchmal schwierig, dass ich z.B. zwar so etwas wie eine Beichte höre, aber dann keine Absolution spenden darf. Ich muss den verzweifelten Menschen auffordern, alles noch einmal einem Priester zu erzählen – was der normalerweise nicht tun wird, weil er das Gespräch bewusst mit mir gesucht hat, aus welchem Grund auch immer. Und ja, natürlich wäre es schön, wir Frauen könnten auch unter uns Messe feiern. Gerade bei uns im Kloster ist es häufig so, dass die Kirche voller Frauen ist – aber ohne den einen Mann gibt’s halt nur einen Wortgottesdienst, usw. usf. Wie gesagt: auf dieses Schlachtfeld begebe ich mich nicht. Es scheint mir vergeudete Kraft, v.a. weil es ja noch viel mehr gibt.

Denn die andere Art der Aufgaben ist so unglaublich vielfältig – und eben nicht allein für Priester reserviert. Da geht es u.a. um Seelsorge, Verkündigung und Caritas. Für mich (als Dominikanerin) hat die Verkündigung natürlich ein besonderes Gewicht. Hier gibt es in der Tat häufig Machtkämpfe, aber dies ist auch ein Feld, auf dem sich zu kämpfen lohnt! Frauen dürfen nicht predigen? Das ist lediglich eine Frage der Definition. Jede und jeder von uns ist dazu berufen, von seinem Glauben Zeugnis abzulegen. Es gilt nur, die richtige Form dafür zu finden.Ich persönlich habe so viele verschiedene Gelegenheiten zur Verkündigung, Katechese, Zeugnis, Glaubensaustausch… dass ich schon lange nicht mehr das Bedürfnis hatte, für eine klassische Predigt zu streiten. (aber auch das habe ich schon getan und werde es wieder tun, falls nötig)

Ich muss in meiner neuen Stelle regelmäßig Gottesdienste gestalten, meistens für Kinder oder verschiedene kleinere Gruppen. Das ist eine wunderbare Aufgabe, die mich Gott und den Menschen sehr nahe bringt. Sicher sind die großen Eucharistiefeiern, die pompösen Hochämter und vor allem die normalen Sonntagsmessen wichtig. Sie sind sozusagen das Gerüst unserer Liturgie. Die kann und will ich nicht halten. Aber ich bin überzeugt: wir brauchen viel mehr von diesen kleinen Gruppengottesdiensten, denn da haben wir eine Chance, miteinander über unseren Glauben ins Gespräch zu kommen. Da wird es persönlich. Ebenso gibt es eine Fülle von Initiativen, Gruppen und Aktionen, in denen der Glaube praktisch gelebt und geteilt wird. Unbezahlbar. Und an all diesen Stellen spielen Frauen eine wichtige Rolle.

Allerdings gehören dazu immer mehrere. Es braucht nicht nur die Gemeindemitglieder, die sich engagieren wollen und den Pfarrer, der das unterstützt. Es braucht auch die Gläubigen, die die von einem Laien (sei er/sie Ehren- oder Hauptamtler) geleitete Veranstaltung auch für voll nimmt.

Immer wieder erlebe ich, dass Menschen eben doch am liebsten den Priester für ihren Gottesdienst hätten, egal, ob das liturgisch notwendig und sinnvoll ist oder nicht. Klerikalismus ist nichts, was uns die Priester aufzwingen. Wir Laien haben die Vorstellung, dass die Priester heiliger seien, zutiefst verinnerlicht. Und selbst, wenn uns dann einer gegenübersitzt und sagt: „Das kannst du doch selber!“ glauben wir es immer noch nicht so richtig. Aber wir kommen auf diesem Weg voran. Was nützt es, neue Möglichkeiten erkämpfen zu wollen, solange wir nicht einmal das ausschöpfen, was längst möglich ist?

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