„Kind, frag nicht, das verstehst du eh noch nicht!“
Ich weiß nicht, ob Sie als Kind schon mal so eine Antwort bekommen haben. Vielleicht sind Sie auch heute gelegentlich versucht, Kinder so abzuwimmeln. Es ist eben manchmal schwer, einem Kind die Welt zu erklären. Wenn jemand nach etwas fragt, was eigentlich über seinen Horizont geht – was macht man dann?
Eigentlich finde ich es immer und grundsätzlich toll, wenn Menschen – kleine und große – ihren Horizont erweitern wollen. Auch wenn mich das beim Erklären oft an Grenzen bringt. Aber an anderen Stellen bin ich ja selber die Fragende, und nur so können wir alle miteinander wachsen und reifen! Je mehr wir uns aus der anfänglichen Einheit mit unserer Mutter lösen, desto mehr entwickelt sich auch unser Verstand, bis wir schließlich völlig eigenständige Vorstellungen von Gott und der Welt haben und unsere eigenen Wege gehen. Das ist gut so! Auf einem solchen Weg darf man sich auch mal vergaloppieren oder auf die Nase fallen. Alles völlig normal. Nur stehenbleiben, das darf man nicht.
Auch im Glauben ist das so. Unsere Bilder von Gott und unser Verhältnis zu ihm verändern sich im Laufe des Lebens. Wer sich mit Gott verbunden fühlt, der merkt sogar, dass diese Veränderung nie aufhört. Ebenso wie zwischen Menschen ist auch diese Beziehung nicht statisch. Wenn man als Kind den liebevollen Opa sieht, braucht man als junger Erwachsener vielleicht den Jesus, der gegen das Establishment revoltiert. Später könnte man dann entdecken, dass dieser selbe Jesus auch ganz andere, stillere Seiten hatte und noch später, dass Gott viel größer ist, usw.
So oder so ähnlich hat Jesus es wohl gemeint, als er vor dem Abschied von seinen Jüngern gesagt hat: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen.“ (Joh 16, 12 f.) Wie jetzt? Mehr Wahrheit, als Jesus uns gesagt hat? Darf das? Der „Geist der Wahrheit“? Geht das denn?
In jedem Alter gibt es Menschen, die offen und wissbegierig sind und andere, die sich selbst genug am liebsten in den ausgefahrenen Pfaden laufen. Jesus verspricht uns allen ein Abenteuer. Er hat uns gesagt, dass Gott viel mehr zu bieten hat, als wir auf einmal begreifen können. Aber deshalb bleibt Gott kein unnahbares Mysterium, nein! Vielmehr wird er zu uns kommen – in den Portionen, die wir vertragen können. Je mehr wir uns seinem Geist öffnen, desto mehr werden wir von ihm verstehen.