Hinter unseren Häusern blühen die Schneeglöckchen – und jedes Jahr, wenn es soweit ist, muss ich an Sr. Wendeline denken. Denn unsere Schneeglöckchen blühen in großen Mengen nicht nur in den Beeten und auf den Wiesen, sondern auch mitten im Wald, und dazu gehört eine kleine Geschichte:
Vor vielen Jahren kamen einige unserer Kinder auf die Idee, die Schneeglöckchen aus den Beeten zu rupfen. Übermut? Wut und Frust? Das ist nicht überliefert. Überliefert ist, dass eine Schwester sich darüber empörte: „Die Kinder haben die Schneeglöckchen rausgerupft und verstreuen sie jetzt im ganzen Wald!“
Und überliefert ist vor allem die geniale Antwort von Sr. Wendeline: „Lasst sie doch.“
Sr. Wendeline ist schon vor einigen Jahren in die Freude ihres Schöpfers heimgekehrt, und die Kinder von damals sind längst erwachsen, haben vielleicht selber Kinder. Aber immer noch freuen wir uns Jahr für Jahr an einem Wald voller Schneeglöckchen. Sr. Wendeline hat das kommen sehen und sofort erkannt, dass der Akt des Vandalismus wahrscheinlich auch gute Folgen haben wird. Sie ist für mich ein Vorbild an Gelassenheit gewesen – und die Schneeglöckchengeschichte bringt das auf den Punkt. Seitdem sage ich mir auch öfter mal in Gedanken: „Lass doch…“