Doppelte Liturgie
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sister unterwegs
2. Mai 2019

Wie ich gestern schon erzählt habe, musste ich mich in der Osternacht entscheiden, ob ich im Kinderdorf mitfeiere oder in der Pfarre. Das ist mir nicht ganz leicht gefallen, und nach meinen Erfahrungen mit der „weiblichen“ und der „männlichen“ Liturgie, die ich gestern beschrieben habe, wäre ich eigentlich gerne bei uns gegangen. Da hatten wir letztes Jahr so eine tolle Lichtinstallation (davon ist das Bild, weil ich dieses Jahr gar nicht zum fotografieren gekommen bin), und als Vorsängerin würde ich eigentlich wieder gebraucht: „Mirjam, Mirjam, schlug auf die Pauke…“! Aber gut: letztes Jahr war ich im Kinderdorf, dieses Jahr ist die Pfarre dran.

Mein Erwartungen waren also denkbar gering, als ich mich in der Sakristei einfand. Und um es vorweg zu nehmen: ich habe die Liturgie und den gesamten Abend sehr genossen! Seitdem denke ich (wieder mal) darüber nach, was es ist, das mir die Feier des Gottesdienstes leicht oder schwer macht.

Ich hatte gefürchtet, dieser spezielle Gottesdienst werde vielleicht noch stärker als in den beiden Tagen davor durchchoreographiert sein. Jeder Schritt und jeder Handgriff muss sitzen, d.h. dann auch, dass die Eingeweihten sofort merken, wenn man sich mal im falschen Augenblick mit dem falschen Finger an der Nase kratzt. 20 Messdiener, die genau wissen, was sie zu tun haben, Leuchter, Weihrauch, extra Rituale mit Licht und Wasser – das alles ist toll zum Zugucken. Wenn man mittendrin mitgeht, kann es dagegen ganz schön anstrengend sein.

Diesmal war es das für mich nicht. Und das lag vor allem an der besonderen Osteratmosphäre.

Der Gottesdienst beginnt draußen. Alles ist anders. Es gibt am Osterfeuer keine perfekte Aufstellung. Das Anzünden der Kerze klappt nie auf Anhieb, alle haben Angst um den Pfarrer und sein Messgewand, denn Feuer und Wind machen, was sie wollen. Es ist auch schon dunkel, also sieht man nicht alles so genau. Meistens klappt das mit dem Mikro nicht so toll. Damit rücken wir zusammen, die Versammlung wird kleiner und verschworener. Hier treffen sich die, die wirklich zusammenkommen wollen.

Dann geht es in die Kirche. Hier ist es erst recht dunkel. Die Menschen, die drinnen gewartet haben, wollen jetzt das Licht vom Osterfeuer für ihre Kerzen. Die Messdiener schwärmen aus, das dauert, die Formation des Einzugs fällt auseinander, im Dunkel konnten wir uns gemütlich den richtigen Platz suchen.

Lesungen, Lieder, allmählich kommt alles wieder in geordnete Bahnen, beim Gloria geht das Licht an – und die Osterfreude breitet sich aus. Christus ist erstanden, Gottes Liebe ist stärker als der Tod! Halleluja! Was kümmern uns noch Kleinigkeiten, was jammern wir über Nichtigkeiten?!  Erst jetzt ist zu sehen: die Kirche ist proppenvoll. Es ist schon eine Stunde rum, aber jetzt geht es erst richtig los, und irgendwie ist es auch nicht langweilig, weil so viel passiert, was sonst nicht passiert, und weil wir etwas feiern, über das man nicht genug staunen und sich nicht genug freuen kann: Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo ist dein Stachel?

Nach der Kirche geht es ins Gemeindezentrum, in dieser Freude wollen wir noch nicht sofort nach Hause. Es ist Mitternacht, aber wenigstens ein oder zwei Stunden wollen wir noch beisammen sein und uns freuen, dass wir dieses Geheimnis miteinander feiern durften und immer wieder feiern dürfen.

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